Ferien in der Türkei: Sonne, Simit & Sandelholz
Der Süden der Türkei bietet mehr als Badeferien. Auf Basaren und in Altstädten finden sich Leckeres für Foodies, Keramik für Designfans, heisser Tee und kalter Kaffee zur Abkühlung. Immer in der Nähe: das türkisfarbene Meer und die weissen Sandstrände.
Deshalb lohnen sich Ferien in der Türkei: Mit Sonne, Simit & Sandelholz
Von Manuela Enggist (Text) und Olivia Pulver
Es hört und hört nicht auf. Güzin Çirak stellt immer mehr bunte Teller und Schalen auf den Holztisch mitten im Garten, in dem an diesem Frühlingstag schon die ersten Grillen zirpen. Kandierte und eingelegte Kürbisse, sagt sie und zeigt auf eine orange Masse, die in der Sonne glitzert. «Meine berühmte Sesamsauce», erzählt sie weiter und deutet auf eine hellbraune Flüssigkeit. All die Speisen, die sie aus der kleinen Küche nach draussen trägt, hat sie selbst hergestellt. Alles ist biologisch angebaut, alles aus dem eigenen Garten. So muss es im Schlaraffenland aussehen. Ein Traum für alle Foodies, die ein Land gern über seine Küche kennenlernen.
Die junge Gastronomin ist in Kaş auf gewachsen. In diesem kleinen, verträumten Ort, der gut drei Stunden Autofahrt von Antalya zwischen den Ausläufern des Akdağ-Gebirges liegt und bekannt ist für seine kleinen Buchten. Ihre Grosseltern waren Landwirte, schon von klein auf lernte Güzin Çirak, wie man Gemüse anbaut, erntet und verarbeitet. «So ist meine Liebe zu selbst gemachten Produkten über die Jahre gewachsen.» 2016 begann sie mit dem Verkauf von Naturprodukten, die sie zu Hause gemeinsam mit ihrer Mutter herstellte. Sie füllten Tomaten-Walnuss-Saucen in Gläser ab, stellten Essig aus Trauben her, trockneten Kräuter und Blumen für Teemischungen.
Ferien in der Türkei: Hier gehts zu den Angeboten
Zwei Jahre später eröffnete sie ein kleines Geschäft in Kaş und 2019 ihr Restaurant Doğal Anne Eli etwas ausserhalb von Kaş. «Es haben immer mehr Menschen gefragt, ob sie die Produkte gleich probieren können.» Irgendwann sei es einfach naheliegend gewesen, ein Lokal zu eröffnen. «Hier in der Südtürkei wächst und gedeiht alles, was man sich nur vorstellen kann.» Sie seien hier der Gemüse- und Früchtegarten für das ganze Land.
«Es erfüllt mich mit Stolz, dass ich den Menschen mit meinen Produkten Freude bereiten kann. Vor allem, weil ich das Handwerk von meinen Vorfahren gelernt habe.» So backt sie das Brot auch im Kachelofen, der in der kleinen Küche steht. Genau so, wie es ihre Grossmutter früher gemacht hat. Eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen ist die Imkerei. Das Handwerk hat sie ebenfalls von ihren Grosseltern gelernt. Die Waben und der Honig können bei ihr im Restaurant – wie auch alle anderen Produkte – gekauft werden.
Ein Strand wie aus dem Bilderbuch
In den Sommermonaten starten vom Hafen Kaş aus mehrmals täglich Boote, die zu den nahe gelegenen Inseln schippern. Sehr beliebt ist die Fahrt nach Kekova, wo man die Ruinen der versunkenen Stadt Simena besichtigen kann. Eine weitere Option ist die Fahrt zur winzigen griechischen Insel Kastellorizo, die nur zwei Kilometer von Kaş entfernt liegt. In Kaş selbst gibt es die beliebte Badebucht Derya Beach mit ihrem Kieselstrand. Hier kann man sich nach der Abkühlung im Meer in eines der Cafés setzen und bei einem Dondurma – einem türkischen Eis – das Gewusel beobachten.
Einen Strand wie aus dem Bilderbuch findet man eine halbe Stunde Autofahrt von Kaş entfernt: Kaputaş. Er ist sowohl bei Einheimischen als auch bei Touristinnen beliebt. Das Wasser leuchtet türkisfarben, der Sandstrand puderzuckerweiss. Wer keinen Mietwagen hat, gelangt leicht per Shuttlebus von Kaş hierhin.
Der Zauber des Lykischen Weges
Ebenso ein Muss: der Spaziergang durch die Altstadt von Kaş. Die Gassen sind eng und verwinkelt, gesäumt von Cafés mit gemütlichen Innenhöfen und kleinen Boutiquen. Hier hat Designerin Gökçen Sariibrahim vor fünf Jahren ihr Töpfergeschäft eröffnet, das voller bunter und ausgefallener Keramikkunst ist. Die Künstlerin hat viele Jahre in Istanbul gelebt und als Grafikdesigner gearbeitet. Das Töpfern habe sie aber schon immer interessiert. «Irgendwann fing ich einfach damit an. Ich habe mir alles selbst beigebracht. Noch heute mache ich alles von Hand.»
An Kaş habe ihr besonders die Lage gefallen. «Ich liebe es, wie sich das Städtchen rund um den Hafen schmiegt.» Zudem sei sie oft in der Natur unterwegs. «Kaş ist von den alten Städten der Lykier umgeben. Rund um den Ort sind überall noch Überreste zu sehen.» Sie selbst liebt es, auf dem Lykischen Weg unterwegs zu sein. «Da fühle ich mich immer gut. Am besten gefällt mir die Stimmung, wenn die Sonne auf- oder untergeht.» Der Lykische Weg ist ein Fernwanderweg, der über 509 Kilometer grösstenteils entlang der Küste des antiken Lykiens verläuft und dabei auch durch Kaş führt.
Von Manila nach Antalya
Das Taurusgebirge um Antalya herum scheint sich förmlich ins Meer zu werfen. Die Berggipfel, archaisch und mächtig, sind bis in den Sommer hinein mit Schnee bedeckt. Es war diese verlockende Mischung aus Meer, Gebirge und viel Sonnenschein, die das amerikanisch-kanadische Ehepaar Christine und Trent Rollings vor vier Jahren nach Antalya ziehen liess. «Es gibt in der Nähe von Antalya eines der besten Sportklettergebiete weltweit. Der Ort nennt sich Geyikbayırı. Dies wissen viele Leute noch nicht einmal», sagt Trent Rollings.
Das Ehepaar lebte zuvor in Manila, arbeitete für ein Hilfswerk. Die philippinische Metropole war ihnen aber zu gross, sie suchten eine etwas kleinere Stadt – und wurden in der Südtürkei fündig. Trent Rollings ist ein «Coffee Freak», wie er sagt, und eröffnete vor zwei Jahren das «Incommon Coffee Roasters», ein Café mit Rösterei am Stadtrand von Antalya.
«Es gibt natürlich eine ganz eigene Kaffeekultur in der Türkei. Aber bei vierzig Grad hat so ein leckerer Cold-brew-Kaffee durchaus auch seine Berechtigung.»
Eine Bubble für Familien: Das perfekte Glamping-Erlebnis
Oft ist das Paar mit seinen Kindern Aliyah und Coen auf ihrem Anwesen ausserhalb der Stadt anzutreffen. Neben Olivenbäumen, Hängematten und einer Feuerstelle steht im weitläufigen Garten auch eine grosse weisse Bubble. Die Unterkunft kann auf Airbnb gemietet werden. Während der Pandemie diente die Halbkugel der Familie als Rückzugsort. «Es war natürlich ein Privileg, dass wir diesen Ort hatten und die Kinder damals im Garten herumtollen konnten.»
Mittlerweile sind sie erprobte Gastgeber, haben Freude, wenn ihre Gäste Videos und Bilder von ihrem Outdoor-Erlebnis auf den sozialen Medien teilen. Die Bubble verfügt über zwei Doppelbetten sowie ein Schlafsofa, ein Badezimmer und eine Küche. «Gerade für Familien ist so ein Glamping-Erlebnis natürlich perfekt. Es gibt hier wohl kaum ein Hotel, welches über einen so grossen Garten verfügt.»
Wer nicht glampen will, ist in einem Resort wie dem TUI Magic Life Masmavi in Belek gut aufgehoben. Das Konzept ist seit 1990 auch auf Familien ausgerichtet. Es gibt Kinderbetreuung für alle Altersgruppen, Rutschbahnen und ein Restaurant nur für die Kleinen. Ausserdem kann in der Region auch als Familie viel unternommen werden. In Side steht das mächtige römische Amphitheater.
Auch eine Reise wert sind die weissen Terrassen von Pamukkale, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören. Und bereits ein Ausflug in das alte Stadtviertel von Antalya lohnt sich. Die Märkte und Restaurants sind zwar klar auf Touristinnen und Touristen ausgerichtet, dafür kann man sich in Englisch oder sogar auf Deutsch verständigen. Im Basar Kizilkaya trifft man auf Verkäufer Ali, der zuerst einen kalten Granatapfeltee serviert, bevor er seine Gewürzsammlung vorstellt.
Sesammus und Walnüsse, Schale um Schale
Der Duft von Muskatnuss, Sandelholz und Ingwer steigt einem in die Nase. Stolz reicht er eine seiner Spezialitäten – Rahat Lokum, auch bekannt als Turkish Delight – zum Probieren. Es gibt die süssen, klebrigen Würfel in zahlreichen Geschmacksrichtungen: von Kokosnuss über Schokolade bis hin zu Granatapfel.
Unsere Reise endet dort, wo sie begonnen hat – in einem Restaurant. Im «Paşa Kır Bahçesi» sitzt man in kleinen Holzhütten im Schneidersitz an tiefen Tischen und schlemmt sich durch die grosse Auswahl an Frühstücksspezialitäten, die hier den ganzen Tag serviert werden. So probiert man das süsse Tahin Pekmez, eine Art Sesammus, das im ganzen Land als Brotaufstrich gereicht wird. Man bekommt eingelegte Walnüsse gereicht genauso wie das würzige Menemen, eine traditionelle Eierspeise mit Tomaten und Paprika. Und wie zu Beginn dieser Geschichte hört es auch hier nicht auf. Schale folgt auf Schale, bis der Tisch voll ist und der Schmaus beginnen kann.
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