Neue Hotels in Bangkok
Das «Four Seasons» ist Lifestyle pur. «Capella» punktet mit Mauro Colagreco. Und das «Mandarin Oriental»? Bleibt am River of Kings der King.
Von Urs Heller (Text)
«Die Thais sind wie Italiener. Sie reden dauernd vom Essen und haben alle drei Stunden Hunger.» Andrea Accordi muss es wissen. Er ist stolzer Italiener (aus dem Veneto). Und er ist mit der Thailänderin Korrakod verheiratet. Wo immer Executive Chef Andrea kochte, leuchteten ziemlich schnell die Michelin-Sterne. In Florenz. In Hongkong. In Sankt Petersburg. Und sogar in Prag, nicht gerade ein Fine-Dining-Paradies. Andrea Accordi ist auf Mission: Er leitet die 250 Köche im «Four Seasons Bangkok Chao Phraya River» (299 Zimmer), will das Hotel an die Spitze führen. Und siehe da: Den ersten Stern hat er schon, für das «Yu Ting Yuan». Noch nie zuvor hat es in Bangkok ein China-Restaurant so schnell zu so viel Ruhm gebracht.
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Perfekte Dumplings gelingen erst nach zwei Jahren Training
Das «Yu Ting Yuan» ist wie das ganze Resort: lifestylig, mit unglaublich hohen Räumen und modernem Weltstadt-Groove. Hier lächelt kein goldener Buddha in der Ecke. Es gibt zeitgenössische Kunst, riesige Blumenarrangements, freche Bogenlampen und schicke Staff-Uniformen. Die Handschrift von Jean-Michel Gathy ist unübersehbar. Der belgische Designer hat «Aman» gross gemacht und auch «The Chedi» in Andermatt entwickelt: «Meine Interieurs sind manchmal dramatisch, manchmal intim, aber immer charismatisch.»
Im «Yu Ting Yuan» ist eine «Gang» aus Guangdong am Wok. «Wir sind alle aus der gleichen Stadt nach Bangkok gezogen», sagt Head Chef Qiu Xiaogui. Und: «Eine gute kantonesische Küche kann nur zubereiten, wer viel Erfahrung hat. Die haben wir: Zusammengezählt bringen wir es auf über hundert Dienstjahre.» Seine wichtigsten Mitarbeiter: Barbecue-Chef Liu Guokun und Dim-Sum-Master Justin Po. Der weiss: «Die schwierigsten Dumplings gelingen erst nach zwei Jahren Training.» Das YTY ist zweimal täglich ausgebucht. Mittags Dim Sum, abends Peking-Duck, Abalone, Lobster mit XO-Sauce, Obsiblue-Prawns, Schweinebauch und Wagyu. Geheimnisvolle Spezialitäten werden eingeflogen wie etwa frische «Shanghai Crabs» aus dem Yangcheng Lake.
Im italienischen Ristorante Riva del Fiume isst man (mindestens) genauso gut. Eingeflogen werden Spitzenprodukte: weisser Trüffel aus Alba, Gamberi rossi aus Sizilien (Mazara del Vallo), Doraden aus Japan. Auf zwei Produkte ist Andrea besonders stolz: auf seine Mayura-Wagyus (9+), die in den letzten hundert Tagen ihres privilegierten Lebens auch mit «chocolate and candies» gefüttert werden. Und auf die Eier («Uovo affogato», mit Trüffel): «Mein Freund Luca züchtet die Hühner in Pattaya, sie fressen Pasta-Ab-schnitte und Milchrückstände.» Apropos Pasta: Der Risotto Cacio e Pepe und die Tortellini mit Panna, Prosciutto und Piselli (frische Erbsli) sind erstklassig. Kompromisse gibt es keine. Andrea Accordi: «Will ein Gast Rahm in der Carbonara, schicke ich ihn in ein anderes Restaurant.»
Stippvisite im «Capella»
Neben dem «Four Season» das «Capella», ein weiterer Newcomer am Fluss, mit nur 101 Zimmern – und mit dem Restaurant Côte: Mauro Colagreco, schon mal als weltbester Chef ausgezeichnet, schreibt die Karte und schickt Davide Garavaglia, einen talentierten jungen Mann aus seiner Menton-Schule, als Statthalter hin. Unglaublich: Der Italiener ist einziger Europäer in der Brigade. Alle anderen Köche sind Thais! Highlights im Menü: «Explosive» Amuse-Bouches. Reh-Tatar mit gefrorener und gehobelter Foie gras. Oktopus mit Steinpilzen und Tamarinde. Auch das Thai-Restaurant im «Capella» ist einen Besuch wert: Chefin Kannika, vorher im berühmten «Amanpuri» auf Phuket, setzt auf die Küche des Südens, hat erstklassige Kontakte zu Fischern und Farmern.
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«King am River of Kings»
Das «Mandarin Oriental» bleibt der «King am River of Kings», General Manager Anthony Tyler, in Vevey aufgewachsen, reagiert tiefenentspannt auf die Herausforderer: «Die neuen Hotels stärken die ‹Destination River›, die ganze Umgebung profitiert und ist nicht wiederzuerkennen – Art Galleries, Shops, Cafés, Restaurants haben eröffnet.» Das «Mandarin Oriental» hat 146 Jahre Vorsprung auf die Mitbewerber, treue Stammgäste und den heissen Draht ins Königshaus. Der Service ist weltweit unerreicht: 1300 meist langjährige Angestellte, statistisch gesehen vier Mitarbeitende pro Gast! Anthony Tyler: «Wir wollen die Tradition wahren, aber wir wollen kein Museum sein.» Also wurde investiert: in die 331 Zimmer (sie hatten es – mit Verlaub – auch nötig), in das eh schon grosse Restaurantangebot.
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Die neuen Stars im Haus: Alain Roux («Waterside Inn», England) schreibt die Karte für «Le Normandie», sichert die zwei Sterne. Bangkoks wirtschaftliche, politische und militärische Elite geht hier ein und aus. Chef Takagi (zwei Sterne in Kobe) fliegt regelmässig aus Japan ein, lässt im «Kinu» für nur zehn Gäste ein spektakuläres Kyo-ryori-Kaiseki-Menü zubereiten. Und da ist noch Miss Pom alias Chef Phatchara. Die Nordthailänderin kocht so fantastisch, dass ihr das «Mandarin Oriental» gleich ein Restaurant eröffnet hat («Baan Phraya»). A rising star.
In «The Peninsula» bereitet man das 25-Jahr-Jubiläum vor. Die Aussicht vom Hotelturm (mit Heli-Landeplatz auf dem Dach) über den Fluss ist beeindruckend, Spa und Pool sind riesig, das Thai-Restaurant Thiptara klassisch. Eine Flotte von drei «Peninsula»-Booten steht den Gästen zur Verfügung. Damit gehts unkompliziert überall hin – in andere Restaurants, auf Tempel-Tour oder ins nahe Iconsiam-Einkaufscenter. Das Frühstücksangebot ist gewaltig: Mango-Station, Egg-Benedict-Station, Noodle-Soup-Station, Indian Food, für Heimweh-Schweizer auch «sourdough», ein ordentliches Sauerteigbrot. Bemerkenswert: General Manager Joseph Sampermans macht die Nach-Covidpause-Preiserhöhungen der Konkurrenz nicht mit; das Preis-Leistungs-Verhältnis bleibt in «The Peninsula» einmalig gut.
Schweizer Sterne-Küche
Abstecher in die City, in die «Schweizer Botschaft» in Bangkok: «Igniv by Caminada» im Hotel St. Regis. Patricia Urquiola ist die Designerin, David Hartwig Caminadas schwer tätowierter und sehr begabter Head Chef in Asien. Mit Regina D’Souza hat er eine wunderbare Partnerin an der Front.
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Die brauchts, denn die Thai-Gäste blicken anfänglich etwas skeptisch auf die vielen Tellerchen und Schälchen. Regina erklärt geduldig die einzelnen Komponenten. Schon ist das Lächeln zurück und klicken die iPhone-Kameras. Chef David verteidigt seinen Michelin-Stern souverän, geniesst beim Boss viele Freiheiten. Die besten Gerichte in seinem «Sharing Menu»: Black Cookie mit Kalbstatar und geräuchertem Wachtel-Eigelb. Foie gras in drei verschiedenen Varianten und Texturen. Ein spektakulärer «Toast Deluxe» mit Wagyu aus Isaan. Hammergang: ein See-Saibling («Arctic char») mit Rüebli und «Mountain-Kombu», serviert in einer riesigen Schüssel. Kombu? Die jungen Blätter einer Heilpflanze werden im Norden Thailands im Dschungel geerntet, an der Sonne getrocknet und dann leicht geräuchert. Umami pur! Und was trinkt man in der «Schweizer Botschaft»? Den Pinot Noir 2017 von Martha und Dani Gantenbein gibts dank Coravin-Technik auch glasweise. Die Thais staunen über die Qualität. Und auch ein wenig über den Preis (65 Franken pro Glas). Tipp: bequem mit dem Skytrain hinfahren; Hotel-Limo, Taxi und Tuk-Tuk bleiben im Abendverkehr stecken.
Schwedische Ikone
Der Stockholmer Björn Frantzén, zweifacher Dreisternechef mit Ikonen-Status, hat in Bangkok ebenfalls ein Restaurant eröffnet: die «Villa Frantzén». «Villa» ist nicht übertrieben: Restaurant und Bar sind von traumhafter Schönheit, liegen eingebettet in einem beeindruckenden Park. Frantzén setzt hier konsequent auf Nordic Cuisine und lässt es deutlich entspannter angehen als in seinen Dreisternerestaurants in Stockholm und Singapur. Die siebzehn Köche arbeiten in einer riesigen offenen Küche. Cooler Sound von der Playlist der Chefs sorgt für Energie und gute Laune.
Die Gäste, vorwiegend Thais, sind entspannt. Frantzéns Mann vor Ort ist Nilas Corneliussen, der gelassen und «trittsicher» sechs Gänge an jeden Tisch schickt. Bei jedem Gang hat der Gast die Wahl zwischen zwei Gerichten. Höhepunkte: die Auster, bei 63,4 Grad pochiert, leicht spicy und kalt serviert, mit geräuchertem Rahm, Sanddorn-Öl und Fingerlimes. Die 30 Gramm Kaviar mit Sour Cream und Beurre noisette über der Jackfruit-Waffel. Der geräucherte Lachs mit in Bier pochierten Königskrabben-Medaillons. Kalt pochierter Hummer mit Physalis, serviert in Tomaten- und Vanillewasser. Und eine verblüffend gute Ente, in Thailand gezüchtet, im Dry-Ager-Schrank zwei Wochen abgehangen. Gang des Abends: ein Kabeljau mit einer wunderbaren Beurre blanc, die allerdings Rätsel aufgibt. Was steckt da drin? «Ziegenkäse», lacht Chef Nilas, der in Thailand bleiben will: «Ich habe ein One-way-Ticket gelöst.» Die Villa ist auch erstklassige Bar-Adresse. Gabriel Valdés mischt die Signature Cocktails; wir empfehlen den Chlorophyll Highball.
Die dritte Filiale eines Weltklasse-Chefs liegt am Fluss, im Iconsiam: «Blue by Alain Ducasse». Für einen Sack voller Baht kocht der französische Superchef auch in einem Shoppingcenter.
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