Oman: Zwischen Tradition und Moderne
Sightseeing und Strand in Maskat. Wüstentour im Hinterland. Badeabenteuer in Wadis. Übernachtungen in 500 Jahre alten Bergdörfern. Der Besuch des Oman ist eine Reise zwischen Tradition und Moderne. Begleitet von besonderen Düften.
Von Manuela Enggist (Text) und Claudia Link (Fotos)
Mit schnellen Schritten bahnt sich Wisal Al-Rashdi den Weg durch den Souk. Der Markt im historischen Viertel Matrah nahe der Hauptstadt Maskat ist einer der ältesten Basare der arabischen Welt. Seit über 300 Jahren gibt es ihn schon. Unter anderem aus Indien, China und orientalischen Ländern kamen die Händler mit schwer beladenen Schiffen in den Oman, um ihre Ware feilzuhalten. Unsere 29-jährige Reiseleiterin schüttelt energisch den Kopf, als ihr ein Verkäufer mit den Worten «Pashmina, Pashmina» einen Schal hinstreckt. «Sie denken, ich sei eine Touristin», sagt Wisal. «Pashminas stammen definitiv nicht aus dem Oman.» Sie lacht, während sie immer tiefer vordringt in das Labyrinth aus engen Gassen. Der Duft von Weihrauch ist hier allgegenwärtig. Und er wird es bis fast ans Ende unserer Reise auch bleiben.
5 for the road
Anreise:
Mit Edelweiss nonstop ab Zürich.
Jetzt Abenteuer-Ferien im Oman buchen
Übernachten:
«Al Bustan Palace» Zimmer mit Meerblick.
www.tui.ch/al-bustan-palace
Essen:
Juniper Restaurant Mezze-Variationen.
Trinken:
Anat Cafe Trendiges neues Outdoor-Café in Nizwa.
Tipp:
Schnorchelausflug
Mehr Infos
Vor einem Süsswarengeschäft bleibt Wisal stehen und zeigt auf kleine braune Klumpen, die glibbrig glänzend in der Auslage liegen. Es ist Halwa, ein Gemisch aus Zucker, Stärke und Safran. Die arabische Süssspeise mit der besonderen Konsistenz verklebt gern die Zähne. Sie wird im Oman zu allem Möglichen gereicht. Zum Abschied. Zum Dessert. Zur Ankunft. Zum Kaffee. Und auch dann, wenn es keinen Anlass gibt. «Ich bringe alle meine Gäste hierher», sagt Wisal. «Mit dem Halwa ist es wie mit dem Oman. Man muss den Mut haben, sich darauf einzulassen. Ich verspreche, man wird nicht enttäuscht.»
Der Oman fasziniert
Steht man am Eingang des Matrah-Souka auf der Corniche, der bekannten Flaniermeile am Hafen, wird man schnell in diesen speziellen Bann gezogen: Würzige Düfte liegen in der Luft. Männer laufen in ihren langen weissen Gewändern – den Dischdaschas – vorbei. Die Dhaus, traditionelle Holzboote, die im Hafen vor Anker liegen, erinnern an vergangene Zeiten. Aber Maskat kann auch anders. Ausserhalb des historischen Viertels strotzt die Stadt vor Moderne. So findet in den Herbst- und Wintermonaten im hippen und sehr modernen Al-Mouj-Quartier jeden Samstag der Souq es Sabt statt. Er ist eine Art Farmers-Market, der von seinem Look her problemlos auch nach Europa passen würde.
Für Moderne steht auch Tourguide Wisal. Unter der Woche arbeitet sie als HR-Managerin in einer Immobilienfirma, an den Wochenenden zeigt sie Touristen «ihr» Land – und dies als eine der ersten Frauen im Oman. Sie studierte HR-Management im schottischen Stirling, bereiste während dieser Zeit Europa. Als sie in ihre Heimat zurückkehrte, fragte sie sich: Welche Erfahrung machen Ausländerinnen, wenn sie in unser Land reisen? Sie bewirbt sich kurzerhand bei diversen Reiseagenturen, erhält zuerst keine Rückmeldungen, bis ihr schliesslich jemand schreibt: «Wir probieren es gern mit dir.» Seither sei es öfters zur lustigen Situation gekommen, dass Gäste sie, in Erwartung eines Mannes, fragten, wo denn nun der Guide sei.» Wisal spürt, dass der Tourismus im Land anzieht. «Wir sind noch meilenweit entfernt von einem Massentourismus. Aber immer mehr Menschen, auch die Omaner selbst, haben Lust, das Land zu entdecken.» Um den «echten Oman» kennenzulernen, müsse man aber auch raus aus Maskat und eine Rundreise machen.
Raus aufs Land
«Vor allem auf dem Land sind es die Jungen, die im Oman etwas verändern wollen und sich im Tourismus engagieren.» Sie verlinkt uns via Instagram – im Oman gern und oft zur Kommunikation genutzt – mit Mohammed Nasser Al-sheriqi, einem «jungen Mann, der in den Bergen ein Dorf gerettet hat». Wir sind gespannt.
Um im Oman eine Rundreise zu machen, ist ein Mietwagen (wenn Touren ins Gebirge geplant sind mit Allradantrieb) von Vorteil. Während überall im Land breite Strassen in die entlegensten Dörfer gebaut werden, fehlt es noch heute an öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem Auto erreichen wir in knapp zwei Stunden Nizwa, die einstige Hauptstadt. Die Medina und das Fort Nizwa, eine Burg aus dem 17. Jahrhun-dert mit phänomenaler Aussicht über die Stadt, gehören zum Pflichtprogramm. Ebenso ein Muss: ein Besuch im Anat Cafe, das am südlichen Ende der Altstadt liegt. Statt dem im Oman üblichen schwarzen Kaffee gibt es hier eisgekühlten Milchkaffee, Eistee und frische Fruchtsäfte.
Nizwa ist zudem ein hervorragender Ausgangspunkt für Ausflüge ins Hadschar-Gebirge. Der höchste Gipfel des Oman – der gut 3000 Meter hohe Dschabal Schams – kann mit dem Auto und einer kurzen Wanderung erreicht werden. Auch sehenswert: die Oase Misfat al Abriyyin mit der alten Bewässerungsanlage, die im kargen Gebirge Dutzende Palmen wachsen lässt. Ebenfalls im Hadschar-Gebirge liegt das von Tourguide Wisal erwähnte «gerettete Dorf» Al Suwjara.
Allein die Anreise dorthin ist ein Abenteuer. Von Nizwa fährt man gut eine Stunde immer höher in die Berge, zuerst auf gut ausgebauten Strassen, die letzten fünf Kilometer dann über staubige und holprige Wege. Hier ist Allradantrieb unabding-bar! Und unvermittelt, nachdem sich vor einem ein grosser Canyon aufgetan hat, erblickt man das Dorf. Es besteht aus ein paar wenigen in den Fels hineingebauten Häusern. Sie erscheinen im selben Lehm-Farbton wie der Berg.
Der «Dorfretter»
Wir treffen auf Mohammed Nasser Al-sheriqi, den «Dorfretter». Er ist ein athletisch aussehen-der Mann in Daunenjacke, der hier aufgewachsen ist. Bis 2004 lebte er mit seiner und vier weiteren Familien – insgesamt 38 Menschen – von Viehzucht und Ackerbau. Danach siedelten die Bewohnerinnen und Bewohner um auf die andere Talseite. Dort bauten sie sich neue Häuser, um ein wenig mehr Komfort und ein wenig länger Tageslicht zu haben. «Ich hätte fortgehen können», sagt Mohammed, der in Nizwa Elektrotechnik studierte. «Doch immer wenn ich zu Hause war und über die Schlucht blickte, dann sah ich unser altes Dorf zerfallen.
Ich wusste, dass ich das nicht zulassen kann», sagt der 28-Jährige. Einzig die Granatapfelbäume, die überall im Dorf zu finden sind, hätten jedes Jahr wieder aufs Neue geblüht. Mohammed und seine Familie beschliessen, an alter Stätte das Cliff Guest House zu eröffnen. Sie renovieren die Häuser und zimmern die meisten Möbel gleich selber. «Zu Beginn waren es vor allem internationale Touristen, die sich zu uns verirrten», sagt Mohammed. Inzwischen würden sie auch viele Omaner begeistern. «Viele sagen, sie hätten nicht gewusst, dass so etwas in ihrem Land noch existiert. Mittlerweile ist unser Dorf wichtiges Kulturgut im Oman.»
Alles Bio!
Am Abend tragen Mohammed und seine Cousins das Essen vom neuen Dorf, wo seine Schwester für die Gäste kocht, durch die Schlucht hinüber ins alte Dorf. Es wird aufgetischt, was gerade verfügbar ist: gedünstete Bohnen, Tomaten, Reis mit feiner Kardamom-Note. «Alles frisch, biologisch und aus der Region. Etwas anderes kennen wir hier nicht.» Wer will, kann mit Mohammed auf Klettertouren und Wanderungen die Umgebung erkunden. Er führt seine Gäste auch zur Kletterroute Via Ferrata, die vom Luxushotel Alila Jabal Akhdar betrieben wird. Wer sich nach der Übernachtung im einfachen Dorf nach Luxus sehnt, der checkt am besten gleich auch noch hier ein. Die Suiten haben alle einen Pool mit Blick in den Canyon. Die Massageliegen ebenfalls.
Wüste und Meer
Neben den Städten und Bergen sollte unbedingt auch die omanische Wüste bereist werden. Dazu fahren wir in den Osten des Landes, in die Dünenregion Alila Jabal Akhdar. Um unsere Unterkunft, das Thousand Nights Camp, zu erreichen, geht es eine gute Stunde quer durch die Wüste. Wer keine Lust hat, selber zu navigieren, kann sich abholen lassen. Gleich neben dem Camp türmen sich links wie rechts die Dünen auf, die vor allem bei Sonnenuntergang beliebte Aussichtspunkte sind. In der Nacht werden die Sternschnuppen zur Sehenswürdigkeit.
Nach dem Wüstentrip gehts ans Wasser – am besten bei einem Abstecher ins Wadi Bani Khalid. Wadis sind Täler in trockenen Gebieten, die während der Regenzeit Wasser führen. In den Felsen bilden sich natürliche Pools, in denen man sogar schwimmen kann. Doch was wären Ferien, ohne auch noch am Strand zu faulenzen? Im Oman macht man dies am besten in einem internationalen Hotel wie dem «Al Bustan Palace» unweit von Maskat. Allein beim Anblick des Infinity-Pools, der freie Sicht auf den Golf von Oman bietet, fühlt man sich tiefenentspannt. Für Erkundungstouren eignen sich die hoteleigenen Kajaks. Es gibt auch hervorragende Tauch- und Schnorchelspots ganz in der Nähe. Und wenn man auf einem Liegestuhl in der Sonne liegt, einen kühlen Drink in der Hand hat und all die Eindrücke Revue passieren lässt, wird man froh sein, dass man sich auf das Abenteuer Oman eingelassen hat.
Teilen auf